Die Geschichte der Geschichte

Wie kommt ein Mensch zum Schreiben, wie kommen die Eingebungen zu ihm? Und wie kommt eine Geschichte nicht nur aufs Papier, sondern auch in die Öffentlichkeit?

 

Wir Menschen wünschen uns oft Rezepte. Dann wissen wir, wie es funktioniert und brauchen es nur "nachzukochen". Dabei "spricht" doch das Leben mit jeder und jedem von uns ganz persönlich. Und das ist, bei all der dadurch entstehenden Ungewssheit, wunderschön.

 

Der Weltübergang hieß in seinen frühen Versionen "Fundstücke im Riss der Welt" und war eine Kurzgeschichte. Der unmittelbare Impuls, sie zu schreiben kam aus dem Seminar "Psychodrama und Schreiben", ein noch tieferliegender Impus war die Geburt meiner ersten Tochter im jahre 2003. Ich wollte ihr einen guten Boden bereiten und das kann man nur, wenn man selbst gut verwurzelt ist. Die moderne Gesellschaft macht einem das nicht leicht. Es ist Arbeit, innere Arbeit und das Schreiben half und hilft mir enorm dabei, Wissen zu heben, von dem ich gar nicht wusste, das es in mir schlummert.

 

Ich schrieb also in meinem kleinen Bisschen an freier Zeit, während sich die zweite Tochter ankündigte und mein Alltag sich verdichtete, wuchs aus der Kurzgeschichte ein Roman. Aus dem Riss der Welt (Leonard Cohen hat es formuliert: There is a crack in everything, That`s where the light comes in) quollen Eingebungen, Erkenntnisse und Figuren. Die Kunst war es, sich nicht nur dafür zu öffnen, sondern der Geschichte ein nachvollziehbare Ordnung zu geben. Wann ist es etwas wirklich fertig. Wenn man den Schlusspunkt setzt.

 

Das war es dann, über lange Zeit. Leider. Verlage schrieben nicht zurück, ich war enttäuscht und legte "das Ding" in die Schublade. Aber es blieb lebendig. Jahre später grub ich das Manuskript aus und machte einen zweiten Anlauf. Ein Verlag sagte zu - welch Glück! - dann verschleppte es sich und mit einem Mal war von Druckkostenbeitrag die Rede (obwohl eigentlich ein seriöser Verlag). Ich sagte "dankend" ab und wieder ruhte das Manuskript. Aber es gab aus seiner Schublade heraus immer wieder "Lebenszeichen". Es wollte in die Welt! Ich druckte eine einzige Ausgabe und schenkte sie meiner ersten Tochter zu Weihnachten, ich glaube, sie war da schon 11 oder 12 jahre. Schließlich hatte ich es auf eine Art ja für sie, oder eher wegen ihr geschrieben.

 

Das war gut, aber es reichte nicht. In einer Aufstellung mit meiner Frau kam ans Licht, dass die Fundstücke für mich etwas Heiliiges haben, das in ihnen etwas wirklich Inspiriertes lebendig ist, das ich mit der Welt teilen will. Ich entschloss mich, sie im Eigenverlag herauszubringen, aber dem Entschluss folgten noch keine Umsetzungsschritte. Monate später fiel mir im Oya-Magazin ein Artikel über den Berliner Periplaneta-Verlag in die Hände. Ich hatte das Gefühl, dorthin könnte das Buch passen. Ich schrieb - und erhielt in recht kurzer Zeit eine Zusage. Nach all den Jahren war das gar nicht so einfach zu glauben. Mitten in der Pandemie begann das Lektorat - und ich schrieb vieles um, die Handlung wurde schlüssiger. Ich war gereift und dadurch war mir das möglich. Ich war auch erleichtert, dass die ursprünglichen Inspirationen noch weitgehend passten, ich also kein komplett neues Buch schreiben musste. "Heilig" heißt bei mir nicht, dass es nicht verändert werden darf - ich klopft jedes Wort ab und veränderte sehr viel, letztlich sogar den Titel (!) - sondern, dass es aus einer Quelle stammt, die mich selbst staunen macht.

 

Erstaunlich ist für mich das Zeitgemäße der Geschichte, obwohl sie in ihrer ursprünglichen Fassung mehr als 15 Jahre alt ist. Es geht darum, in einer zerrissenen Welt zu sich selbst zu finden. Dass das gelingen kann, weiß ich, glücklicherweise aus eigener Erfahrung. Viel Freude auf dem Weg und beim Lesen vom "Weltübergang".

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